Evolution der Hirsche
Hirsche sind weltweit eine der erfolgreichsten Säugetiergruppen. Ausser Australien und der Polregionen bewohnen sie alle Kontinente und Landschaften der Erde – von den tropischen Regionen bis hin zu den kälteren Breitengraden. Ihre Evolution, die 20 Millionen Jahre umspannt, ist in Europa sehr gut dokumentiert.
Um die Evolution der Hirsche zu untersuchen, können wir uns auf verschiedene Objekte konzentrieren. Zähne sind dabei die häufigsten Fossilien. Sie helfen uns bei der Artbestimmung. Für die höhere Systematik, etwa die Unterfamilien oder das Familien-Niveau, sind sie nicht mehr so gut geeignet. Dafür benutzen wir andere Fossilien, die ein höheres Potenzial bieten. Bei den Hirschen sind die Geweihe sehr interessant und als Fossilien auch gut vertreten. So wurde eine grosse Reihe von verschiedenen Geweihtypen gefunden. Neues Material aus der Schweiz ergänzt die Funde mit weiteren interessanten Informationen.
Die erste Phase der Hirschevolution in der Zeit von vor 20 bis vor 15 Millionen Jahren zeigt drei verschiedene Gruppen, die ganz unterschiedliche Geweihe haben. Die erste Gruppe, die Lagomerycidae, hat kleine Geweihe ohne Stange oder Rose, dafür mit mehreren Sprossen. Die zweite Gruppe, die Procervulinae, zeigt Geweihe, die noch keine Rose haben, jedoch zweispaltig und verlängert sind. Die dritte Gruppe, die Dicrocerinae, verfügt über Geweihe mit einer Art Rose und mehreren Sprossen. Alle Geweihe waren damals ebenso wie heute anscheinend abwerfbar.
Von den drei Gruppen ist noch nicht bekannt, ob alle, nur einige oder keine echte Hirsche waren und somit zur Familie der Cervidae gehörten. Unlängst wurde ein Geweih in der Schweiz gefunden, das mit einem Alter von etwa 18 Millionen Jahren sehr weit entwickelt ist. Wir untersuchen dieses Geweih im Kontext dieser Evolution und versuchen die Abstammung der ersten echten Hirsche zu finden. Auch spätere Hirsche untersuchen wir, um ein komplettes Bild der Familie zu erstellen.